Vergessene Patrioten von 1813 – preußische jüdische Freiwillige im Kampf gegen Napoleon

Neben den Staats-, Verwaltungs- und Militärreformen der Jahre nach 1806 ist besonders die mit dem „Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate“ vom 11. März 1812 erfolgte rechtliche Gleichstellung der Juden in Preußen, die damit Inländer und preußische Staatsbürger wurden, zu nennen.

 

 

Die in Preußen lebenden Juden wurden nun nicht mehr als Fremde angesehen und unterschieden sich staatsrechtlich nicht mehr von den übrigen Einwohnern Preußens. Hinsichtlich der Militärdienstpflicht wurden Juden und Christen gleichgestellt. Die Zulassung der Juden zum Offizierkorps, zur Justiz und zur öffentlichen Verwaltung beschränkte sich allerdings noch auf Einzelfälle und blieb einer späteren Gesetzgebung vorbehalten.

 

Besonders der 1810 zum preußischen Staatskanzler ernannte Freiherr Karl August von Hardenberg hatte die Emanzipationsgesetzgebung vorangetrieben. Die Emanzipation der Juden war Bestandteil des preußischen Reformwerkes. Obwohl das Edikt hinter dem Prinzip „gleiche Rechte bei gleichen Pflichten“ zurück blieb, wurde es von den Juden in Preußen mit großer Begeisterung aufgenommen. Die jüdischen Gemeinden von Berlin, Königsberg und Potsdam richteten Schreiben an Hardenberg und den König, in denen für das Geschenk des Vaterlandes tiefste Dankbarkeit bekundet wurde.Um ihre Haltung zum Vaterland zu beweisen, nahmen daraufhin auch Juden aus allen preußischen Provinzen als Freiwillige am Befreiungskrieg gegen Napoleon teil. Mehrere Hundert jüdische Freiwillige aus Preußen (man spricht von 730) beteiligten sich 1813/14 aktiv am anti-napoleonischen Befreiungskampf. Umfangreich war auch die Unterstützung des Freiheitskampfes durch z. T. bedeutende Geldspenden.

 

Allein in der Schlacht von Waterloo sollen 55 Juden gefallen sein. Für besondere Tapferkeit erhielten dort sieben Juden das Eiserne Kreuz; insgesamt 72 in den Jahren 1813/14.

Etliche jüdische Soldaten bewiesen hohe Einsatzbereitschaft. So zeichnete sich der Bataillons-tambour David Salomon vom 1. Bataillon des 10. Schlesischen Landwehr-Regiments in der Schlacht von Leipzig derart aus, daß ihn sein Brigadechef Prinz August von Preußen „vorzugsweise beloben“ ließ und ihm sowohl das Eiserne Kreuz als auch der russische Georgs-Orden verliehen wurde.

 

Auch drei Neffen der berühmten Schriftstellerin Rahel Levin (verh. dann Rahel Varnhagen von Ense) kämpften im preußischen Heer. Der älteste wurde dabei schwer verwundet und von ihr gepflegt.

Am 4. Januar 1815 schrieb Staatskanzler Hardenberg unter dem Eindruck der Befreiungskriegsjahre: „Die jungen Männer jüdischen Glaubens sind die Waffengefährten ihrer christlichen Mitbürger gewesen und wir haben auch unter ihnen Beispiele des wahren Heldenmutes und der rühmlichsten Verachtung der Kriegsgefahren aufzuweisen, sowie die übrigen jüdischen Einwohner, namentlich auch die Frauen, in Aufopferung jeder Art den Christen sich angeschlossen.“

 

Auch in unmittelbarer Nähe unserer Heimat, nämlich in Zeitz, hatten wir das leuchtende Beispiel eines tapferen jüdischen Freiwilligen. Im Rahmen der Gefechte vom 28. September 1813 fiel in den Straßen von Zeitz der Königlich-Preußische Freiwillige Jäger beim Brandenburgischen Husaren-Regiment, Theodor Liman. Ihm war auf der Nordseite des ehemaligen Johannisfriedhofs von seinem Vater ein Grabmal in Form eines gegliederten Postaments, auf dem eine kunstvoll geformte Urne stand, gewidmet. In den 1930er Jahren fiel dieses künstlerisch und geschichtlich wertvolle Denkmal der Zerstörungswut einiger von Nazis aufgehetzter Zeitzer zum Opfer. Es ist besonders zu bedauern, das man den 200. Jahrestag der Ereignisse von 1813 nicht dazu genutzt hat, dieses Ehrenmal zu kopieren und mit einer würdigen Feier wieder einzuweihen.

 

Dr. Frank Bauer

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